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Kommentar

Richtiger Anfech­tungs­gegner nach Ende der Zwangs­ver­waltung

1. Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 19.10.2017 (Az. IX ZR 289/14) mit der Frage auseinandergesetzt, gegen wen der Insolvenzverwalter seine Anfechtung richten muss, wenn der Insolvenzschuldner in anfechtbarer Weise Zahlungen an einen Zwangsverwalter geleistet hat.

In dem entschiedenen Fall hatte die spätere Insolvenzschuldnerin Gewerberäume angemietet. Auf Betreiben des Grundpfandrechtsgläubigers war die Zwangsverwaltung des Grundstücks angeordnet worden. In der Folge hatte der Zwangsverwalter rückständige Mietforderungen im Wege der Zwangsvollstreckung gegen die spätere Insolvenzschuldnerin realisiert. Sodann ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Mieterin eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter hat daraufhin den Erstattungsanspruch gemäß §§ 129 ff. InsO zunächst gegen den Zwangsverwalter gerichtlich geltend gemacht. Nachdem das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben worden war, hat der Insolvenzverwalter den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und seinen Anspruch gegen den Grundpfandrechtsgläubiger weiterverfolgt.

2. Der Insolvenzverwalter hatte jedoch mit seiner Klage gegen den Grundpfandrechtsgläubiger keinen Erfolg. In seiner Urteilsbegründung hat der BGH klargestellt, dass der Grundpfandrechtsgläubiger nach der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens nicht der richtige Anfechtungsgegner sei. Vielmehr richte sich der Rückgewähranspruch gegen den Grundstückseigentümer. Während des Zwangsverwaltungsverfahrens sei der Anfechtungsanspruch hingegen – wie im vorliegenden Fall geschehen – gegen den Zwangsverwalter geltend zu machen.

Grundsätzlich ist der richtige Anfechtungsgegner die Person, die einen Vermögensvorteil erlangt hat, der der beim Insolvenzschuldner eingetretenen Vermögensminderung entspricht. Zwar dürfte dies im entschiedenen Fall auf den ersten Blick der Grundpfandrechtsgläubiger gewesen sein, weil er zumindest einen Teil des im Wege der Zwangsvollstreckung realisierten Geldes vom Zwangsverwalter erhalten hat; jedoch hat der BGH darauf abgestellt, dass der Zwangsverwalter im Gegensatz zu anderen Dreipersonenverhältnissen, in denen ein Dritter als unmittelbarer Leistungsempfänger fungiert, eigene Rechte und Pflichten wahrnimmt. Insofern argumentiert der BGH mit der Funktion des Zwangsverwalters als Partei kraft Amtes, der die Immobilie selbständig, aber für Rechnung des Vollstreckungsschuldners zum Zwecke der Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers verwaltet. Beispielsweise tritt er gemäß § 152 Abs. 2 ZVG in die Mietverhältnisse des beschlagnahmten Objektes ein, macht alle Rechte des Grundstückseigentümers aus den Vertragsverhältnissen selbständig geltend und ist sogar zum Neuabschluss von Verträgen berechtigt. Deshalb ist der Rückgewähranspruch aufgrund der Insolvenzanfechtung während des Zwangsverwaltungsverfahrens gegen den Zwangsverwalter geltend zu machen.

Für den Zeitraum nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung ist nach Auffassung des BGH vor allem maßgeblich, dass die vom Zwangsverwalter erzielten Erträge nicht ausschließlich dem Grundpfandrechtsgläubiger zugute kommen. Vielmehr werden daraus gemäß § 155 Abs. 1 ZVG zunächst die Verwaltungs- und Bewirtschaftungskosten sowie die Masseforderungen aus den vom Zwangsverwalter eingegangenen Rechtsgeschäften befriedigt, bevor der sodann verbleibende Überschuss an den Grundpfandrechtsgläubiger und im Fall von dessen vollständiger Befriedigung schließlich an den Grundstückseigentümer ausgekehrt wird. Demzufolge dienen die vom Zwangsverwalter realisierten Einnahmen vorrangig dem beschlagnahmten Grundstück, so dass der Vermögensvorteil dem Grundstückseigentümer zufließt. Dabei ist es ausweislich der Darstellung des BGH irrelevant, ob der Zwangsverwalter das in anfechtbarer Weise vereinnahmte Geld vollständig oder teilweise an den Grundpfandrechtsgläubiger weitergeleitet oder für sonstige Kosten aufgewendet hat.

3. Auch wenn die Klage des Insolvenzverwalters im entschiedenen Fall abgewiesen worden ist, ist die Entscheidung des BGH als verwalterfreundlich und praxisorientiert einzustufen. Denn durch die Klarstellung, dass nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung der Grundstückseigentümer der einzig richtige Anfechtungsgegner ist, kommt es auf etwaige Unklarheiten im Zusammenhang mit der Verteilung der vereinnahmten Mieten nicht an. Dem Insolvenzverwalter werden somit Rechercheaufwand und Klagen gegen etwaige weitere mittelbare Zahlungsempfänger erspart.

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