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Kommentar

Anscheins­beweis, dass in dem eröff­neten Verfahren die Insol­venz­masse nicht ausreicht, um alle Gläubi­ger­an­sprüche zu befrie­digen.

Mit nachstehend skizzierter Entscheidung bestätigt der BGH seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2014, dass prozessual zugunsten des Insolvenzverwalters ein Anscheinsbeweis dafür besteht, dass in einem eröffneten Verfahren die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Gläubigeransprüche zu befriedigen (BGH NZI 2014, 321 Rn. 20 mwN).

Kurzsachverhalt:

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter einer Fondsgesellschaft wegen Insolvenzanfechtung die Rückzahlung von Ausschüttungen an die Beklagte nach §§ 129, 134, 143 InsO. Die Beklagte wandte gegen die geltend gemachten Ansprüche ein, dass die Insolvenzmasse zur Begleichung sämtlicher zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen ausreiche und damit eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 InsO nicht vorliege. Neben den zur Tabelle festgestellten Forderungen existierten vom Verwalter bestrittene Forderungen in wesentlicher Größenordnung von ca. 24 Mio. Euro. Mit einer Forderungsfeststellung dieser Forderungen war im konkreten Fall aber nicht mehr zu rechnen.

Die gegen die klageabwesende Berufung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg.

Kurzdarstellung der Entscheidungsgründe:

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt dann nicht vor, wenn die Masse ohne die Anfechtung ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen. Dies erfordert grundsätzlich auch die Deckung solcher Forderungen aus der Masse, gegen die ein Widerspruch erhoben worden ist, weil jener durch eine Feststellungsklage (§ 179 InsO) beseitigt werden kann. Insoweit genügt die Möglichkeit, dass dies zukünftig eintreten wird.

In die Prüfung, ob die Masse auch ohne Rückgewähr der anfechtbar weggegebenen Mittel zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht, sind solche Forderungen einzubeziehen, denen der Insolvenzverwalter widersprochen hat (vgl. BGHZ 105, 168 [187 f.] = NJW 1988, 3143; BGHZ 200, 210 = NZI 2014, 321 Rn. 19 f.).

Dabei besteht zugunsten des Insolvenzverwalters ein Anscheinsbeweis, dass in dem eröffneten Verfahren die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Gläubigeransprüche zu befriedigen (BGH NZI 2014, 321 Rn. 20 mwN).

Dieser Anscheinsbeweis kann aber durch den Anfechtungsgegner entkräftet bzw. erschüttert werden. Hierzu muss der Anfechtungsgegner aufzeigen, dass das Vermögen des Schuldners heute noch ausreicht, um alle zu berücksichtigenden Gläubigerforderungen zu tilgen (BGH NZI 2014, 321 Rn. 20). Einzubeziehen sind alle Forderungen, denen der Insolvenzverwalter widersprochen hat, weil nach der Lebenserfahrung die Möglichkeit besteht, dass jener Widerspruch durch eine Feststellungsklage (§ 179 InsO) beseitigt werden kann (vgl. BGH NZI 2014, 321 Rn. 20 mwN). Ausreichend kann in Ausnahmefällen sein, dass der Anfechtungsgegner eine ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Verlaufs im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Insolvenzforderungen aufzeigt. Also nach der Lebenserfahrung eine Sondersituation vorliegt, wonach nicht mehr damit zu rechnen ist, dass ein Widerspruch gegen eine Forderungsanmeldung durch eine Feststellungsklage beseitigt werden wird, und die Insolvenzmasse ohne die Berücksichtigung dieser Forderungen ausreicht, um alle übrigen Gläubigeransprüche zu befriedigen.

Für die Praxis zeigt die Entscheidung auf, dass aufgrund der für den Insolvenzverwalter günstigen Beweislastverteilung eine erfolgversprechende Verteidigungsstrategie sorgsam und „über den Tellerrand“ hinaus geprüft werden muss. Neben der Betrachtung der aktuellen Tabellensituation sind daher auch sonstige Begleitumstände zu den bestrittenen Forderungen einzubeziehen. Allerdings werden dem Anfechtungsgegner nur in Ausnahmefällen die Begleitumstände zu diesen Forderungen vollumfänglich bekannt sein.

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