Menü

Kommentar

Keine automa­tische Beendigung von Beherr­schungs- und Gewinn­ab­füh­rungs­ver­trägen bei Insol­ven­zer­öffnung in Eigen­ver­waltung

Nachstehend skizzierter Beschluss des OLG Düsseldorf befasst sich mit dem Schicksal von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen in der eigenverwaltenden Gesellschaftsinsolvenz. Während der BGH (BGH, Urteil vom 14-12-1987 - II ZR 170/87) unter Geltung der Konkursordnung von der regelmäßigen Beendigung derartiger Unternehmensverträge ausging, sieht das OLG Düsseldorf in der - soweit ersichtlich - ersten gerichtlichen Positionierung zu diesem Themenkomplex unter Geltung der Insolvenzordnung eine Fortgeltung dieser Unternehmensverträge bei angeordneter Eigenverwaltung.

Kurzsachverhalt:

Dem Beschluss des OLG Düsseldorf liegt ein handelsregisterrechtlicher Streit zugrunde. Die unternehmensvertraglich verbundenen Gesellschaften war jeweils mit Beschluss vom 1.11.2018 das Insolvenzverfahren unter Anordnung der Eigenverwaltung eröffnet und ein personenidentischer Sachwalter bestellt. Am 8.11.2018 hielten beide Gesellschaften eine gesonderte Gesellschafterversammlung ab und fassten unter Hinweis auf die Anordnung der Eigenverwaltung und die Bestellung des Sachwalters jeweils den Beschluss: „Die Parteien sind sich einig, dass mit Eröffnung des Verfahrens der bestehende Ergebnisabführungsvertrag beendet wird. Vorsorglich einigen sich die Parteien auf eine Aufhebung des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrags mit Wirkung zum 1.11.2018.“ Ferner wurden die Geschäftsführer der jeweiligen Gesellschaft angewiesen, mit der jeweils anderen GmbH einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Die Niederschrift unterzeichnete jeweils außer der Geschäftsführung beider GmbHs der Sachwalter. Noch am 8.11.2018 trafen die beiden Gesellschaften eine Vereinbarung, die unter anderem die Einigkeit über die Vertragsbeendigung mit Verfahrenseröffnung wiederholte und fortfuhr: „Rein vorsorglich beschließen die Parteien die Aufhebung des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrags mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum 1.11.2018.“ Das Registergericht hat eine Eintragung der auf den Stichtag der Insolvenzeröffnung begehrten Vertragsbeendigung beanstandet, da eine Vertragsbeendigung nicht am 1.11.2018 eingetreten sei und es für die vereinbarte Aufhebung eines notariell beurkundeten Zustimmungsbeschlusses der betroffenen Gesellschaft bedurft hätte. Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sodass das OLG Düsseldorf über das Rechtsmittel zu entscheiden hatte. Es hatte Erfolg.

Kurzdarstellung der Entscheidungsgründe:

Das OLG Düsseldorf hat die nachstehenden drei Leitsätze postuliert:

1. Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung dient in besonders intensiver Weise der Sanierung (§§ 270 II Nr. 2 und III, 270 b InsO).

2. An die Stelle einer analogen Anwendung der § 662 BGB, §§ 115, 116 S. 1 InsO tritt die Möglichkeit der Vertragsbeendigung durch Parteierklärung, insbesondere der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund entsprechend § 297 I AktG.

3. Ob daneben ein insolvenzrechtliches Sonderkündigungsrecht angenommen werden kann, muss nur in Fällen entschieden werden, in denen die Vertragsparteien über das Bestehen eines wichtigen Grundes nicht einig sind.

Der OLG Düsseldorf führt in den Entscheidungsgründen aus, dass Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge nicht allein durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beendet werden.

Begründet wird dies mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aus § 1 InsO, wonach das Ziel der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung auch durch eine Sanierung erfolgen kann, die gleichberechtigt neben der Liquidation steht. Begrüßenswert ist die Aussage des OLG Düsseldorf, das gerade die Verfahrensart der Eigenverwaltung in besonders intensiver Weise der Sanierung dient, vgl. §§ 270 II Nr. 2 und III, 270 b InsO. Hieraus leitet das Gericht ab, im Falle der Eigenverwaltung – sei es bei Insolvenz der Obergesellschaft, sei es bei Doppelinsolvenz – können nicht auf einen Beendigungswillen der Vertragsparteien regelhaft geschlossen werden. Das Gericht spricht sich gegen eine analoge Anwendung der § 662 BGB, §§ 115, 116 S. 1 InsO aus. Das OLG Düsseldorf räumt den Vertragsparteien ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund entsprechend § 297 I AktG ein. Ob daneben ein insolvenzrechtliches Sonderkündigungsrecht besteht, lässt das Gericht offen.

Aufgrund des Massebezugs ist für die Kündigung die eigenverwaltende Geschäftsleitung zuständig, ohne dass es einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, § 276a InsO.

Für die Praxis ist bei bestehenden Beendigungswillen mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung des BGH zur InsO zu empfehlen, eine außerordentliche Kündigung auf den Stichtag der Insolvenzeröffnung durchzuführen, da nicht abschließend geklärt ist, ob weiterhin von einer regelmäßigen Beendigung mit Verfahrenseröffnung ausgegangen werden kann.

Dr. Carsten Jakobs

Diese Seite verwendet Cookies.

Bitte erlauben Sie den Einsatz von Cookies, damit Sie diese Seite in vollem Funktionsumfang nutzen können.

Speichern Abbrechen Ok, einverstanden Tracking ablehnen