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Kommentar

Umfang der Auskunftspf­licht des GmbH-Geschäfts­führers im Insolvenz(eröff­nungs)verfahren

1. Der BGH hat mit Beschluss vom 05.03.2015 (Az. IX ZB 62/14) zum Umfang der Auskunftspflicht des Geschäftsführers einer GmbH im Insolvenz(eröffnungs)verfahren Stellung genommen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die kurz vor Stellung des Insolvenzantrags abberufene geschäftsführende Alleingesellschafterin der Schuldnerin die Auskunft über ihre persönlichen Vermögensverhältnisse verweigert, nachdem sie den in dem Insolvenzeröffnungsverfahren bestellten Gutachter über die Forderungen und Verbindlichkeiten der Gesellschaft vollständig unterrichtet hatte. Der Gutachter war jedoch der Ansicht, dass sich die Auskunftspflicht gemäß §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 InsO auch auf die Vermögensverhältnisse eines GmbH-Geschäftsführers erstrecken würde.

Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur bestand stets darüber, dass die Formulierung in § 97 Abs. 1 S. 1 InsO „der Schuldner ist verpflichtet, […] über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben“ weit auszulegen ist, so dass darunter alle rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die für das Insolvenzverfahren in irgendeiner Weise von Bedeutung sein könnten, zu verstehen sind. Der BGH hat mit dem o. g. Beschluss an seine ständige Rechtsprechung angeknüpft, wonach der Auskunftsverpflichtete von sich aus, ohne besondere Nachfrage des Auskunftsberechtigten Umstände offenlegen muss, soweit sie offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zutage liegen. Bislang war hinsichtlich der insolvenzspezifischen Ansprüche höchstrichterlich lediglich entschieden, dass zu den bedeutsamen Umständen auch solche zählen, die eine Insolvenzanfechtung begründen können. Obwohl es nicht entscheidungserheblich war, hat der BGH den vorliegenden Fall zum Anlass genommen, um klarzustellen, dass die Auskunftspflicht des GmbH-Geschäftsführers auch bezüglich solcher Tatsachen besteht, die geeignet sind, Ansprüche gegen ihn selbst oder Gesellschafter der insolventen Gesellschaft zu begründen. Dies betrifft explizit die Haftungsansprüche gemäß §§ 43 Abs. 2 und 64 S. 1 GmbHG sowie die Ansprüche aus Kapitalersatz und Einlagenverpflichtungen.

Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass die Ansprüche der insolventen Gesellschaft gegen Gesellschafter und Geschäftsführer Bestandteil der Insolvenzmasse sind und die Auskunftspflicht gemäß §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 InsO deshalb auch ihrer Aufdeckung dienen soll. Damit schließt sich der BGH der in der Literatur vertretenen Meinung an.

2. Darüber hinaus musste sich der BGH mit der Frage befassen, ob die Auskunftspflicht des Geschäftsführers einer GmbH auch die eigenen Vermögensverhältnisse umfasst. Nach Auffassung des BGH ist der GmbH-Geschäftsführer nicht verpflichtet, über seine eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Realisierbarkeit gegen ihn gerichteter Forderungen Auskunft zu erteilen. Zur Begründung verweist er auf den Regelungszusammenhang der §§ 97 Abs. 1 und 101 Abs. 1 InsO, woraus sich ergebe, dass sich die Auskunftspflicht der Organvertreter auf die Verhältnisse der Gesellschaft beschränkt, über deren Vermögen ein Insolvenz- oder Insolvenzeröffnungsverfahren anhängig ist. Da die Auskunftspflicht nur an die Vertreterstellung anknüpfe, könne von dem Organ nur Auskunft über die Vermögensverhältnisse der von ihm vertretenen Gesellschaft verlangt werden. Die Tatsache, dass die notwendigen Auskünfte bei einer juristischen Person nur durch einen Organvertreter erteilt werden können, habe keine Erweiterung der Auskunftspflicht auf die persönlichen Verhältnisse dieser Person zur Folge.

3. Der BGH setzt mit dem Beschluss seine bisherige Rechtsprechung fort, wonach der Insolvenzschuldner bzw. sein organschaftliche Vertreter – sogar wenn er innerhalb der letzten zwei Jahre vor Antragstellung ausgeschieden ist (!) – verpflichtet ist, den Auskunftsberechtigten über alle Vermögenspositionen umfassend zu informieren. In diesem Zusammenhang ist es nur konsequent, dass der BGH nunmehr klargestellt hat, dass der Organvertreter einer Gesellschaft auch bezüglich der gegen ihn selbst gerichteten Ansprüche der Gesellschaft auskunftspflichtig ist. Dafür spricht auch der Sinn und Zweck des § 97 Abs. 1 InsO, der in Satz 2 der Norm zum Ausdruck kommt, wonach der Schuldner sogar eine Offenbarungspflicht in Bezug auf Tatsachen hat, die ihn strafrechtlich belasten.

Die Frage, ob der Geschäftsführer darüber hinaus zur Offenlegung seiner persönlichen Vermögensverhältnisse verpflichtet ist, um dem Auskunftsberechtigten die Bewertung etwaiger Ansprüche zu ermöglichen, verneint der BGH anhand der Gesetzessystematik überzeugend. Hinzu kommt, dass das Risiko der Nichtrealisierbarkeit jedem Anspruch immanent ist. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, warum dem jeweils Auskunftsberechtigten gerade bei der Bewertung von Haftungsansprüchen gegenüber Organvertretern zusätzliche Informationen über deren Realisierbarkeit zustehen sollten. Eine derart extensive Auslegung des § 97 Abs. 1 InsO wäre mit seinem Sinn und Zweck nicht vereinbar und würde den Auskunftsverpflichteten über Gebühr belasten.

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