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Kommentar

Unwirk­samkeit von Bearbei­tungs­ge­bühren bei Darle­hens­ver­trägen - ob und unter welchen Voraus­set­zungen ist eine rechts­grundlose Leistung im Zwei-Personen-Verhältnis unent­geltlich im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO.

Sachverhalt:

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Der Schuldner schloss mit der Beklagten vier Verbraucherdarlehensverträge ab. In den Darlehensbedingungen war bestimmt, dass die Beklagte für den zugesagten Kredit ein einmaliges Bearbeitungsentgelt berechne, welches mit Zustandekommen des Vertrags fällig und spätestens mit Auszahlung/erster Teilzahlung des Kredits dem Kreditkonto belastet werde. Die Beklagte zahlte die um die Bearbeitungsentgelte gekürzten Darlehensbeträge aus. Im August 2012 kündigte die Beklagte die Verträge wegen Zahlungsrückständen und forderte den Schuldner zur Zahlung des Schlusssaldos auf. Auf einen Antrag im September 2012 eröffnete das Insolvenzgericht im selben Monat das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Bearbeitungsgebühren zurückzuzahlen. Die Beklagte erklärte die Aufrechnung mit ihren offenen Darlehensforderungen.

Der Kläger macht geltend, dass die Bezahlung der Bearbeitungsgebühren gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar und die Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO unwirksam sein. In den Vorinstanzen hatte der Kläger keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe:

Der BGH bestätigt in seiner Entscheidung das Urteil des Berufungsgerichts. Der BGH weist ausdrücklich darauf hin, dass er, soweit vorherigen Entscheidungen (BGH, Beschluss vom 21.12.2010 – IX ZR 199/10; BGH, Urteil vom 05.03.2015 – IX ZR 133/14) entnommen werden sollte, dass jede Leistung ohne Rechtsgrund als unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO anfechtbar ist, an dieser Auffassung nicht festhalte.

Für die Frage ob eine freigiebige und damit unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO vorliegt, komme es darauf an, ob den Empfänger der Leistung seinerseits eine Leistungspflicht treffe und insoweit ein die Leistung des Schuldners ausgleichender Vermögenswert vorliege.

Dabei sei es nicht erforderlich, dass sich die Leistungspflicht aus einer vertraglichen Vereinbarung ergibt. Auch eine Ausgleichpflicht aufgrund eines Bereicherungsanspruchs des Leistenden stehe der Unentgeltlichkeit entgegen, da auch in diesem Fall keine kompensationslose Minderung des Schuldnervermögens eintritt.

Danach erfüllt eine Leistung ohne Rechtsgrund nicht stets die Voraussetzungen einer unentgeltlichen Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO, sondern nur dann, wenn mit der Leistung ein endgültiger Vermögensverlust ohne ausgleichende Gegenleistung des Empfängers eintritt. Leistet ein Schuldner auf eine nicht bestehende Schuld, weil er sich irrtümlich hierzu verpflichtet hält, hat er einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Empfänger auf der anderen Seite ist mit diesem Bereicherungsanspruch belastet. Dieser Rückgewähranspruch steht nach Auffassung des BGH einer freigiebigen Leistung und damit der Unentgeltlichkeit entgegen.

Anders liege es, wenn der Empfänger durch die Leistung nicht mit einer Verpflichtung belastet wird, wie in dem Fall, in dem der Schuldner in Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes leistet. Eine Rückforderung wäre dann gemäß § 814 BGB ausgeschlossen, was zu einem endgültigen Vermögenserwerb beim Empfänger führt, ohne dass diesen eine ausgleichende Leistungsverpflichtung trifft.

Diesen Feststellungen folgend hat der BGH einen Anspruch des Klägers aus § 134 Abs. 1 InsO verneint. Dem Schuldner stand gegen die Beklagte ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu, sodass keine Unentgeltlichkeit vorlag.

In der sich anschließenden Frage, inwieweit der Aufrechnung der Beklagten § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegensteht, hält der BGH in konsequenter Anwendung dieser Rechtsprechung mit einem Leitsatz fest, dass die aufgrund von wechselseitigen Ansprüchen im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis erlangte Möglichkeit einer Aufrechnung auch dann nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar ist, wenn die dem Schuldner zustehende Gegenforderung ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch ist. Der Bereicherungsanspruch des Schuldners war durch die Aufrechnung der Beklagten damit erloschen.

In der Praxis bedeutet dies, dass aus Ansprüchen auf zu Unrecht verlangte Bearbeitungsentgelte bei Darlehensverträgen regelmäßig kein Ertrag für die Masse zu erzielen sein wird, da dem Anspruch in aller Regel eine Aufrechnungsmöglichkeit der Bank gegenübersteht.

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