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Kommentar

Zumut­barkeit der Prozess­fi­nan­zierung durch Insol­venz­gläu­biger

1. Der BGH hat sich im Rahmen der Beschlüsse vom 26.04.2018 (Az. IX ZB 29/17) und 19.07.2018 (Az. IX ZB 24/16) mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen den Insolvenzgläubigern die Finanzierung eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits zumutbar und dem Insolvenzverwalter infolgedessen die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu versagen ist. Außerdem hat der BGH im erstgenannten Beschluss Ausführungen zur Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung für den Fall lediglich geringfügiger Quotenverbesserungen gemacht.

2. In Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BGH zunächst bestätigt, dass es für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Kostenaufbringung nicht allein darauf ankommt, um welchen Prozentsatz sich die erwartete Befriedigungsquote der Insolvenzgläubiger durch die beabsichtigte Prozessführung erhöhen wird. Aufgrund der Verschiedenheit der wirtschaftlichen Verhältnisse der Insolvenzverfahren, insbesondere der unterschiedlichen Gläubigerstruktur sowie Höhe der geltend zu machenden Ansprüche verbiete sich die Festlegung einer festen Grenze für die notwendige Quotenerhöhung. Entscheidend sei vielmehr, dass die aus der Prozessführung für die finanzierenden Gläubiger zu erwartende Verbesserung der Quotenzahlung deutlich höher ist als die vorzuschießenden Kosten. Dabei hat der BGH nunmehr klargestellt, dass den Gläubigern ein Kostenvorschuss regelmäßig nicht zumutbar sei, wenn der zu erwartende Ertrag aus der Prozessführung weniger als das Doppelte des anfallenden Kostenbeitrags beträgt. Bei einem geringeren Ertrag soll die Prozessfinanzierung ausnahmsweise dann zumutbar sein, wenn zusätzliche Umstände vorliegen, die die Aufbringung der Kosten den Gläubigern als zumutbar erscheinen lassen. Welche Umstände dies sein könnten, hat der BGH jedoch offen gelassen.

Darüber hinaus hat der BGH eingeräumt, dass der klagende Insolvenzverwalter sowohl für Verfahrensrisiken als auch für Vollstreckungsrisiken einen Abschlag von dem erwarteten Massezufluss vornehmen könne. Sofern der Antragsteller die Umstände glaubhaft mache, könne das Prozessgericht nur dann bei der Höhe des Abschlags zu Lasten des Antragstellers von dessen Angaben abweichen, wenn es dies hinreichend begründet. Nach der Auffassung des BGH handelt ein Gericht sogar rechtsfehlerhaft, wenn es nur einen Abschlag für das Vollstreckungsrisiko, nicht jedoch für das Verfahrensrisiko berücksichtigt.

Die Frage, inwiefern es dem Insolvenzverwalter zumutbar ist, mehrere prozessfinanzierende Gläubiger zu koordinieren, hat der BGH nicht verbindlich geklärt. Er hat lediglich festgestellt, dass es keine starre Grenze hinsichtlich der Anzahl der heranzuziehenden Insolvenzgläubiger gebe.

Schließlich hat der BGH in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Erwartung einer infolge des Rechtsstreits nur minimalen Quotenverbesserung – im entschiedenen Fall um 0,5 % – nicht zur Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrags wegen Mutwilligkeit im Sinne des § 114 Abs. 2 ZPO führen dürfe. Anderenfalls würde für die Beurteilung der Mutwilligkeit derselbe Maßstab wie bei der Prüfung der Zumutbarkeit im Sinne des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO angesetzt.

3. Der BGH setzt mit den beiden Entscheidungen konsequent seine bisherige Rechtsprechung fort, indem er klare Angaben zu den Quotenverbesserungen, den erlaubten Abschlägen und der zu koordinierenden Gläubigeranzahl ablehnt. Vielmehr soll die Zumutbarkeit der Vorschusszahlung für die Insolvenzgläubiger jeweils einzelfallbezogen geprüft werden, so dass die klagenden Insolvenzverwalter angehalten sind, die jeweiligen Umstände ausführlich und substantiiert darzulegen. Gerade die Vorgabe, dass die Prozessfinanzierung auch durch mehrere Gläubiger gleichzeitig erfolgen könnte, so dass die einzelnen Gläubiger jeweils nur einen Teilbetrag aufbringen müssten, stellt die Insolvenzverwalter regelmäßig vor Schwierigkeiten, weil in der Regel nicht einmal ein Großgläubiger zur Finanzierung eines Rechtsstreites bereit ist. Dies hat ggf. zur Folge, dass das Insolvenzverfahren seine Ordnungsfunktion nicht erfüllen kann.

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