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Kommentar

Zur Fortdau­er­ver­mutung der Zahlungs­ein­stellung und Vorsatz­an­fechtung bei schlep­pender Zahlungs­weise

Zur Fortdauervermutung der Zahlungseinstellung und Vorsatzanfechtung bei schleppender Zahlungsweise

Mit Urteil aus Mai 2021 hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) seine bisherige Rechtsprechung zu den subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO neu ausgerichtet. In seinem Urteil vom 10.02.2022, Az. IX ZR 148/19 äußert sich der BGH erneut zu den Voraussetzungen der Kenntnis des Gläubigers im Rahmen der Vorsatzanfechtung.

Sachverhalt

Über das Vermögen der D. GmbH (i.F. Insolvenzschuldnerin) wurde am 30.10.2015 aufgrund eines Eigenantrages vom 31.07.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Die Beklagte, die mit der Insolvenzschuldnerin in langjähriger Geschäftsbeziehung stand, wurde von der Klägerin auf Rückgewähr von 36 Einzelzahlungen aus der Zeit vom 07.04.2014 bis 09.09.2015 in Höhe von rund 53.000,00 € in Anspruch genommen. Bereits Anfang 2013 war von Seiten einer Krankenversicherung und eines Finanzamtes ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der heutigen Schuldnerin gestellt worden; aufgrund Zahlungen von Dritter Seite wurden diese Anträge jedoch für erledigt erklärt. Die Beklagte hatte weder Kenntnis von den Voranträgen noch von den seinerzeit bestehenden offenen Verbindlichkeiten. Positive Kenntnis hingegen hatte die Beklagte von dem Zahlungsverhalten, welches die Insolvenzschuldnerin ihr gegenüber zeigte: Seit Anfang 2012 zahlte die Insolvenzschuldnerin auf Rechnungen lediglich schleppend, sodass sich die Beklagte veranlasst sah, in mehreren Stufen zu mahnen und weitergehende rechtliche Schritte anzudrohen, die jedoch nie eingeleitet worden sind.

Entscheidungsgründe

Seine Entscheidung aus Mai 2021 fortführend hat der BGH zunächst dargestellt, dass – in Abkehr zur früheren Rechtsprechung – die erkannte Zahlungsunfähigkeit allein regelmäßig nicht mehr als Beweisanzeichen für das subjektive Element des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes ausreichend sei. Diese sei jedoch wie gehabt in die vom Tatrichter vorzunehmende Gesamtwürdigung mit einzubeziehen. Die Vorinstanzen bejahten die Zahlungsunfähigkeit aufgrund der Zahlungseinstellung, die sich aus den beiden Voranträgen ergebe und beriefen sich insoweit auf die Fortdauer einer einmal eingetretenen Zahlungseinstellung. Wenngleich der BGH die bisherige Rechtsprechung, gemäß derer eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung grundsätzlich fortwirkt bis dass der Schuldner die Zahlung im Allgemeinen wieder aufnimmt, wobei letzteres grundsätzlich der Anfechtungsgegner zu beweisen hat, grundsätzlich bestätigt, nimmt er eine Einschränkung vor: Legt der Anfechtungsgegner Umstände dar, die eine Wiederaufnahme der Zahlungen plausibel erscheinen lassen (z.B. wenn die Verbindlichkeit, auf die die Zahlungseinstellung gestützt wird – wie hier- mittlerweile beglichen ist), so treffe den Insolvenzverwalter eine sekundäre Darlegungslast. Dem Verwalter obliege es daher weiter zum Zahlungsverhalten des Schuldners und der Entwicklung der Verbindlichkeiten vorzutragen. Den von der Klägerin getätigten Vortrag sah der BGH insoweit als nicht ausreichend an und wies die Klage ab. Die bisherige Rechtsprechung aufgreifend betont der BGH weiter, dass wiederholt auftretende Zahlungsverzögerungen allein als Indiz für eine Zahlungseinstellung nicht ausreichend seien – gerade, wenn diese Zahlweise als geübte Praxis bezeichnet werden könne und bereits erfolgte als eine Zahlungsunfähigkeit unstreitig noch nicht gegeben war. 

Julia Liebermann

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