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Kommentar

Beweislast hinsichtlich des (fehlenden) guten Glaubens von der Gleich­wer­tigkeit der ausge­tauschten Leistungen im Rahmen einer Schen­kung­s­an­fechtung

Leitsätze des BGH:

  1. Veräußert der Schuldner einen Vermögensgegenstand, dessen objektiver Wert denjenigen der vereinbarten Gegenleistung erheblich übersteigt, scheidet eine Anfechtung wegen einer teilweise unentgeltlichen Leistung aus, wenn beide Teile nach den objektiven Umständen der Vertragsanbahnung, der Vorüberlegungen der Parteien und des Vertragsschlusses selbst von einem Austauschgeschäft ausgehen und zudem von der Gleichwertigkeit der ausgetauschten Leistungen überzeugt sind (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 15. September 2016 IX ZR 250/15, NZI 2017, 68).
  2. Beruft sich der Anfechtungsgegner einer Schenkungsanfechtung darauf, die Vertragsparteien seien von einem gleichwertigen Leistungsaustausch ausgegangen, muss der Insolvenzverwalter beweisen, dass die Fehlvorstellung keine Grundlage in den objektiven Umständen des Vertragsschlusses hatte. Nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast muss jedoch der Anfechtungsgegner solche Umstände substantiiert darlegen.

Kurzsachverhalt

Der Insolvenzverwalter macht gegenüber dem Sohn des Insolvenzschuldners die Rückübertragung eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Wege der Insolvenzanfechtung nach § 134 InsO geltend. Er ist der Auffassung, dass das Grundstück weit unter Wert veräußert wurde.

Das Grundstück war vom späteren Insolvenzschuldner nach sachverständiger Ermittlung eines „überschlägigen Verkehrswerts“ zu einem dem ermittelten Wert des Grundstücks entsprechenden Kaufpreis von 395.000 EUR veräußert worden. In Höhe von 214.152,50 € sollte der Beklagte den Kaufpreis durch Übernahme des durch den Grundbesitz abgesicherten Darlehens erbringen. Der restliche Kaufpreis in Höhe von 180.847,50 € sollte durch die Bestellung eines lebenslangen dinglichen Wohnrechts zugunsten des Schuldners erbracht werden. Die Bank lehnte die Entlassung des Schuldners aus der Haftung ab. Der Sohn überwies an den Schuldner monatlich Geldbeträge in Höhe der anfallenden Kreditraten, wovon dieser jene begleichen sollte. Teilwiese zog die Bank die Kreditraten monatlich vom Konto des Sohnes per Lastschrift ein.

Das Landgericht hatte die Klage auf Übertragung des Grundstücks abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte ebenfalls keinen Erfolg. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter. Die Revision hatte Erfolg und führte zur Zurückweisung an das Berufungsgericht, die Sache war nicht entscheidungsreif.

Entscheidung

Der BGH bestätigt zunächst seine bisherige Rechtsprechung, wonach in einem Zwei-Personen-Verhältnis - wie vorliegend - eine Leistung als unentgeltlich anzusehen ist, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll (BGH, Urteil vom 15. September 2016 - IX ZR 250/15, NZI 2017, 68 Rn. 20; vom 19. Juli 2018 - IX ZR 307/16, NZI 2018, 800 Rn. 32; vom 27. Juni 2019 - IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 83). Entgeltlich ist dagegen eine Verfügung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung war oder jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein sollte (BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 - IX ZR 296/17, NJW 2018, 3018 Rn. 8).Für die Bewertung ist in erster Linie die objektive Wertrelation zwischen der Leistung des Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers ausschlaggebend. Andernfalls könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie einer für den Schuldner objektiv wertlosen Leistung in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen einen subjektiven Wert beimessen, den Zweck des Gesetzes vereiteln (BGH, Urteil vom 15. September 2016, aaO Rn. 21).

Entscheidend ist aber auch, dass bei einem Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung ist § 134 Abs. 1 InsO dann nicht anwendbar ist, wenn beide Teile nach den objektiven Umständen der Vertragsanbahnung, der Vorüberlegungen der Parteien und des Vertragsschlusses selbst von einem Austauschgeschäft ausgehen und zudem in gutem Glauben von der Werthaltigkeit der dem Schuldner gewährten Gegenleistung überzeugt sind, die sich erst aufgrund einer nachträglichen Prüfung als wertlos erweist (BGH, Urteil vom 15. September 2016, aaO Rn. 22). In gleicher Weise ist eine Fehlvorstellung der Beteiligten über den Wert der vom Schuldner zu erbringenden Leistung nur dann erheblich, wenn sie ihre Grundlage in den objektiven Umständen des Vertragsschlusses findet.

Zur Beweislast führt der BGH aus, dass den Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast für die Unentgeltlichkeit der Leistung des Schuldners trifft. Es reicht nicht aus, dass der Insolvenzverwalter ein Missverhältnis des objektiven Werts von Leistung und Gegenleistung darlegt und beweist. Vielmehr muss er dartun und beweisen, dass keine objektiven Umstände vorgelegen haben, die eine solche Annahme der Vertragsparteien erlaubten. Er muss, um seiner Darlegungs- und Beweislast zu genügen, nicht alle theoretisch denkbaren Umstände ausräumen, welche einen guten Glauben an die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung begründen könnten; es reicht vielmehr aus, die von dem Anfechtungsgegner substantiiert dargelegten Umstände auszuräumen. Gelingt dies, ist der Beweis der negativen Tatsache erbracht.

Hinweis

Die Einbeziehung von subjektiven Komponenten in den Tatbestand des § 134 InsO ist nicht neu, erschwert aber die Entscheidungsfindung. Die Gerichte werden zu beurteilen haben, ob die vom Anfechtungsgegner dargelegten Umstände hinreichend substantiiert ausgeräumt wurden. Hierbei besteht Ermessensspielraum.
Käufern ist beim Erwerb vom Schuldner in der Krise anzuraten, auf eine Wertäquivalenz von Leistung und Gegenleistung zu achten und ebenfalls besonderes Augenmerk auf die Dokumentation der Begleitumstände zu legen.

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