Lohnnachzahlungen bei Schlecker - Neumasseverbindlichkeiten bei unwirksamer Kündigung
02.03.2018 (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.02.2018 – 6 AZR 868/16)
Reicht die vorhandene Insolvenzmasse nicht einmal aus, um die Ansprüche aus der Zeit nach Insolvenzeröffnung (Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO) vollständig zu erfüllen, liegt Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO vor (sog. „Insolvenz in der Insolvenz“). Soweit der Insolvenzverwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern nicht mehr in Anspruch nimmt, müssen deren Löhne nicht mehr gezahlt werden, da diese in den Nachrang zurücktreten (sog. Alt-Masseverbindlichkeiten). Lässt der Insolvenzverwalter allerdings die sog. erste Kündigungsmöglichkeit verstreichen, stellen die Löhne aus der Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Insolvenzverwalter hätte kündigen können, bevorrechtigte Neu-Masseverbindlichkeiten dar, die vor allen sonstigen Ansprüchen aus der Masse zu erfüllen sind.
Mit seinem Urteil vom 22.02.2018 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass dies auch dann gilt, wenn das Arbeitsverhältnis zwar rechtzeitig gekündigt wird, sich die Kündigung aber als unwirksam erweist. Auch in diesem Fall stellen die Löhne aus der Zeit nach dem ersten Kündigungstermin Neu-Masseverbindlichkeiten dar, die aus der Insolvenzmasse zu erfüllen sind.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte eine ehemalige „Schlecker-Frau“ gleich zwei Kündigungen des Insolvenzverwalters erfolgreich angefochten und zugleich geltend gemacht, dass der Insolvenzverwalter die Löhne bis zum Datum der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (aufgrund einer dritten Kündigung) nachzuzahlen habe. Das BAG gab der „Schlecker-Frau“ Recht, so dass der Insolvenzverwalter die Löhne für insgesamt acht Monate nachzahlen muss.
Die Entscheidung des BAG, das sich den Auffassungen der Vorinstanzen anschloss, ist konsequent und zutreffend. Letztlich kann es für die Qualität der Lohnansprüche keinen Unterschied machen, ob das Arbeitsverhältnis gar nicht oder unwirksam gekündigt wird. Entscheidend ist einzig und allein, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis rechtskräftig endet. Es ist eine objektive Betrachtung vorzunehmen, so dass es auf den Grund für die Unwirksamkeit der Kündigung(en) und im Ergebnis ein mögliches Verschulden des Insolvenzverwalters bei Ausspruch der Kündigungen nicht ankommt.
Kommentar
Lohnnachzahlungen bei Schlecker - Neumasseverbindlichkeiten bei unwirksamer Kündigung
02.03.2018 (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.02.2018 – 6 AZR 868/16)
Reicht die vorhandene Insolvenzmasse nicht einmal aus, um die Ansprüche aus der Zeit nach Insolvenzeröffnung (Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO) vollständig zu erfüllen, liegt Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO vor (sog. „Insolvenz in der Insolvenz“). Soweit der Insolvenzverwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern nicht mehr in Anspruch nimmt, müssen deren Löhne nicht mehr gezahlt werden, da diese in den Nachrang zurücktreten (sog. Alt-Masseverbindlichkeiten). Lässt der Insolvenzverwalter allerdings die sog. erste Kündigungsmöglichkeit verstreichen, stellen die Löhne aus der Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Insolvenzverwalter hätte kündigen können, bevorrechtigte Neu-Masseverbindlichkeiten dar, die vor allen sonstigen Ansprüchen aus der Masse zu erfüllen sind.
Mit seinem Urteil vom 22.02.2018 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass dies auch dann gilt, wenn das Arbeitsverhältnis zwar rechtzeitig gekündigt wird, sich die Kündigung aber als unwirksam erweist. Auch in diesem Fall stellen die Löhne aus der Zeit nach dem ersten Kündigungstermin Neu-Masseverbindlichkeiten dar, die aus der Insolvenzmasse zu erfüllen sind.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte eine ehemalige „Schlecker-Frau“ gleich zwei Kündigungen des Insolvenzverwalters erfolgreich angefochten und zugleich geltend gemacht, dass der Insolvenzverwalter die Löhne bis zum Datum der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (aufgrund einer dritten Kündigung) nachzuzahlen habe. Das BAG gab der „Schlecker-Frau“ Recht, so dass der Insolvenzverwalter die Löhne für insgesamt acht Monate nachzahlen muss.
Die Entscheidung des BAG, das sich den Auffassungen der Vorinstanzen anschloss, ist konsequent und zutreffend. Letztlich kann es für die Qualität der Lohnansprüche keinen Unterschied machen, ob das Arbeitsverhältnis gar nicht oder unwirksam gekündigt wird. Entscheidend ist einzig und allein, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis rechtskräftig endet. Es ist eine objektive Betrachtung vorzunehmen, so dass es auf den Grund für die Unwirksamkeit der Kündigung(en) und im Ergebnis ein mögliches Verschulden des Insolvenzverwalters bei Ausspruch der Kündigungen nicht ankommt.
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Wann genau muss Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit vorliegen? Der BGH hat sich mit seiner jüngsten Entscheidung gegen einen Großteil der Literaturmeinungen gestellt.